Don’t go with the flow – leave with me!

Ich stehe still auf dem Bahnsteig. Die Rolltreppe die eben noch ihren niemals endenen Trotz nachging, bleibt plötzlich stehen und lässt mich mit dem kalten Steinboden, den Gleisen und dem dämmrigen Bahnhofslicht zurück.
Der Wind liegt mir leicht in den Haaren und ich frage mich, ob sich so der Frieden anfühlt. Mitten in Berlin. Nachts. An irgendeinem Montag im März. Alleine.
Ich gewöhne mich an die kalte Luft und die Einsamkeit. Dann kommt die Bahn.
Ich bin aber noch nicht bereit mit anderen Menschen einen Raum zu teilen.
Aber die Zeit sitzt mir im Nacken. Nun gut.
Es riecht nach altem Bier. Ich setzte mich widerwillig neben einen Mann der gekonnt auf seine Schuhe starrt. Ob er wohl ahnt, dass ich über ihn schreibe? Das er Teil eines Textes wird, der bald online für die Welt zugänglich ist?
Ich glaube er hat gepupst. Jedenfalls spannt sich plötzlich sein Körper so komisch an. Ich will wieder zurück auf den gruseligen Bahnhof. Sofort.
Die zuknallenden Zugtüren reißen mich aus meiner stillen Observation.
Türen faszinieren mich. Sie gehen auf oder zu oder sind verschlossen, trennen drinnen von draußen, wichtig von unwichtig.
Früher träumte ich immer von weißen Flügeltüren, die in einen geheimen Zauberwald führten.
Heute habe ich Flügeltüren, aber die führen nur ins Wohnzimmer. Beschweren möchte ich mich nicht. Das würde ich nie. Meine Flügeltüren sind nämlich so hoch, dass ich leicht hüpfen muss, wenn ich ein frisch gewaschen Laken aufhängen will.
Trotz der Verwirklichung des Flügeltürentraumes bin ich manchmal traurig. Wir Menschen können einfach nicht genug bekommen. Das ist doch unfassbar. Wie viele Flügeltüren braucht es denn bitte, um glücklich zu sein? Zehn? Zwanzig?
Ich verspüre den deutlichen Drang das Bier in meinem Rucksack meine Kehle runterzukippen. Aber das brauche ich noch. Ich überrasche nämlich meinen Freund und hole ihn vom Flughafen ab.
Ich habe zwei Tassen mit, damit wir auf der Rückfahrt eine kleine Tee-Party veranstalten können. Ich habe ihn nämlich vermisst. Sehr.
Die Bahn bleibt plötzlich stehen. Irgendwo zwischen den Bahnhöfen. Ich stelle mir vor, wie ich mit meinem Rucksack das Fensterglas zertrümmere und raushüpfe. Stattdessen fange ich an auf das Handy meines neuen Sitznachbarn zu starren. Er guckt sich Selfies von sich und dem Brandenburger Tor an. Oh Gott, mir wird schlecht.
Schnell wieder gerade aus gucken. Die Bahn fährt weiter. Dunkle Bäume ziehen vorbei.

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Die Pfütze aus Glück

msp_1104_8117Es hat nur einen kleinen Moment gedauert,
einen klitzekleinen Moment, in dem ich nicht aufpasste.
Ich stolperte und knallte mit voller Wucht in die Zufriedenheit.

Jetzt liege ich hier, mitten auf dem Bürgersteig,
seit Stunden auf dem Rücken,
in einer Pfütze aus Glück
und niemand scheint es zu interessieren.

Menschen ziehen vorbei.
Ich beobachte ihre Schuhe.
Dreckige High Heels, polierte Anzugschuhe.
Ein Mann mit Hut wirft mir eine Münze auf den Bauch.
Langsam wird es dunkel. Das Dröhnen der vorbeiziehenden Autos wird leiser.
Die Sterne zeigen sich am Himmel.

Ein trauriger Hund torkelt vorbei.
Er kringelt sich, an meine Hüfte geschmiegt, zu einem kleinen Ball zusammen.
Ich fange langsam an meine Arme und Beine zu bewegen. Es entsteht ein Glücks – Pfützen – Schnee – Engel. Der Hund fängt leise an im Schlaf zu bellen.

Ich starre daraufhin in die Nacht.
Wer hätte das gedacht.
Seit Tagen fühle ich mich
mal wieder wach.