In der Garderobe des Theaters

es ist ein sonderbarer Raum, in dem Träume brechen, in der Liebe ertragbar wird, in der sich Wahrhaftigkeit und Fiktion umarmen. Die Garderobe ist der Vorraum von konträren Welten, sie ist ein Transformationsabbild, eine Kontextverschiebung, eine Neusortierung von Worten, Fakten und Einstellungen.
Sie ist die Knautschzone der Persönlichkeit, ein vager Schutzraum, eine ineinander verschlungene Schnittstelle von Zukunft und Vergangenheit.
Mir ist klar geworden, dass ihre Haptik, ihre Energie, ihre Anschaulichkeit das Innere eines durchlässigen Schauspielers durchaus enorm beeinflusst.
Ihr Geruch, ihre Farben, ihr Licht, ihre Befindlichkeit haften an mir noch Tage nach einer Vorstellung. Sie gibt mir, in den Momenten der absoluten Verletzbarkeit, ein Teil von ihr. Zwar trennt die Bühne, die Welt vor den Pforten mit der des Spiels, doch es gibt keine Trennung zwischen Bühne und Garderobe. Durch das nicht Existieren einer klaren Grenze, verformt sich die Zeit in ihr zu einem komplexen Rhythmus, der nach einer eigenen Gesetzmäßigkeit die Umwandlung einer Person beherbergt. Und doch ist sie kein sicherer Ort, wie ich finde. Einflüsse von außen Dringen hinein und erzeugen vereinzelt ein Ungleichgewicht zwischen Realität und Spiel.
Doch sie ist auch ein Ort der Freude, des Verbundes, des Agreements einer Gruppe sich zu fangen, sich im richtigen Moment loszulassen, nur um abschließend ein Netz zu formen, in das sich der Körper winden kann. Sie ist auch der Ort der Ansprachen, des Appelles, des Mut machens, des Zweifelns, des Frustes und der Herzlichkeit.
Wenn ihr Licht erlischt, bleibt die Energie aller Emotion zurück, die ein Mensch erleben kann. Dann ist sie nur noch eine Narration, die einst stimulierte. Sie wird nie in der Lage sein den Moment zu behalten. Oft ist sie stiller Zeuge von Leid und Freude. Sie sucht nicht nach Perfektion. Sie ist lediglich der lebendige Übergang von Ignoranz zur Offenheit.

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I don’t like yellow, but I like you.

„Ich wollte euch mal wieder schreiben“, ritze ich mit meinem Schlüssel in die Innenseite einer U-Bahntür. Ein Mann ohne Haare beobachtet mich. Ich überlege kurz, ob er mich wohl tiefgründig verabscheut, merke dann aber, dass es mir egal ist und steige aus.
Die Luft am Bahnhof ist kühl. Hinter mir schließen sich die Türen und meine Wandalismus-Kunst geht auf Reisen.
Ich beschließe den Abschiedsschmerz ein wenig zu genießen und fange an, ohne mich vom Fleck zu bewegen, eine Zigarette zu drehen. Ich habe lange nicht mehr geraucht. Das Nikotin zettelt sofort eine Streit mit meinem Körper an und gewinnt. Als ich gerade dazu ansetzen will mir eine essentiell-philosophisch Frage über Schwindelzustände als Konstrukt des alltäglichen Lebens stellen zu wollen, trifft mich ein unerwarteter Spruch am Kopf: „Komm se mal von der Bahnsteigkante weg Mädel.“ Hinter mir taucht ein kleine, dicker Mann mit gelber Warnweste auf. Er sieht so aus, als würde er zuhause eine Vogelspinne hüten oder Würstchen aus dem Glas essen oder beides. In seiner linken Hand hält er einen Rucksack. Ich gucke ihn wohl ein bisschen zu lange und zu durchdringen an, da er plötzlich zu schreien beginnt. Weil ich nicht weiß, wie ich ihn beruhigen soll, schenke ich ihm meine Handtasche. Daraufhin fühle ich mich irgendwie frei. Ich laufe weg.
Mein abendlicher Spaziergang endet bei einem Imbiss. Vor einer Weile hat mir jemand gesagt, dass er die Menschen verabscheut, die Pommes mit Mayo essen. Ich bestelle mir Pommes mit Mayo und fühle mich seit langem wieder richtig gut.

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